Wie sich die Bauzinsen 2022 entwickeln

Die Finanzierung deiner Immobilie ist der wichtigste Kostenfaktor für dein Investment. Und hier dreht sich gerade die Lage, denn die Bauzinsen steigen nun nach jahrelanger Niedrigzinsphase deutlich an. Was das für deine Baufinanzierung bedeutet.

· Lesezeit 9 minPropRate Redaktion

Die Zeichen der Zeit - Infektionsgeschehen und Ukraine-Krieg - sorgen auch für wirtschaftlich unruhigere Zeiten. Ganz konkret steigt die Inflation derzeit deutlich an: Das Statistische Bundesamt ermittelte für den August 2022 eine Verteuerung von 7,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Europaweit gibt es derzeit eine hohe Inflationsrate.

EZB hebt die Zinsen an


Die Europäische Zentralbank (EZB) als Hüterin der Währungsstabilität steht damit vor einem Dilemma: Einerseits muss und möchte sie die Inflation eindämmen auf das strategische Ziel von 2 Prozent pro Jahr. Andererseits droht ohnehin ein Wirtschaftsrückgang und eine Erhöhung der Leitzinsen könnte der Wirtschaft die Luft rauben.‍


Die Entscheidung scheint aber gefallen: Nach jahrelanger Niedrigzinspolitik hat die EZB in diesem Jahr in mehreren Schritten bereits die Leitzinsen auf nun 1,5 Prozent angehoben. Im Oktober könnte der nächste Zinsschritt folgen. Sprich: Die Zeichen der Zeit stehen auf Zinsanstieg.


Auch aktuelle Bauzinsen steigen


Die direkte Konsequenz: Auch die Banken verlangen von ihren Baufinanzierungskunden nun mehr, die Konditionen verschlechtern sich also. Der Finanzierungsmakler Interhyp rechnet in seinem Zinscheck aktuell mit 3,55 Prozent Zinsen für ein 10-jähriges Baudarlehen. Wettbewerber Dr. Klein mittelt seine Daten auf derzeit etwa 3,26 Prozent. Zum Vergleich: Noch zum Jahresanfang 2022 lagen die Bauzinsen deutlich unter 1 Prozent.


‍Die höheren Sollzinssätze führen zu einer deutlich höheren Finanzierungsbelastung für Immobilienbesitzer. Anfang des Jahres mussten Kreditnehmer für ein Darlehen in Höhe von 200.000 Euro mit 10 Prozent Eigenkapital und einem Anfangstilgungssatz sowie Sollzinssatz von jeweils einem Prozent monatlich etwa 330 Euro aufgebracht werden. Zum aktuellen Zeitpunkt unter den gleichen Bedingungen, aber einem Sollzinssatz von 3 statt 1 Prozent, sind es um die 666 Euro. Und der Sollzinssatz ist nur ein Teil der entstehenden Kosten - Stichwort: effektiver Jahreszins. Hinzu kommen noch diverse Finanzierungsnebenkosten.

Bauzinsen werden vermutlich weiter steigen


Aber wie entwickeln sich die Bauzinsen? Eine Zinsprognose ist schwer: Nur ein Guru kann mit Gewissheit sagen, auf welches Zinsniveau sich die Bauzinsen in der nächsten Zeit entwickeln werden. So dient aber der Kurs des Euro Bund Futures als Indikator dafür. Sinkt hier die Rendite, dann steigen die Bauzinsen - und umgekehrt. Und hier ist im Jahresverlauf ein deutlicher Abwärtstrend zu beobachten, gerade auch im September. Wo aber die aktuellen Bauzinsen im November, Dezember oder gar im nächsten Jahr ganz konkret stehen werden, kann niemand vorhersagen.


Die generellen Trends bleiben allerdings in dieser Beziehung bezeichnend: So gehen erste Experten bereits davon aus, dass die Inflation in Deutschland auf über 10 Prozent steigen könnte. Die Energiepreise bergen eine große Ungewissheit. Und natürlich bleibt auch der Krieg in der Ukraine gefährlich für die wirtschaftliche Entwicklung. Auch die amerikanische Notenbank Fed hebt zudem aktuell beständig die Zinsen an, um die Inflation in den USA - die andere Gründe hat, als in Europa - in den Griff zu bekommen.

Bei Neufinanzierung günstige Bauzinsen länger sichern


Die steigenden Zinsen betreffen dich vor allem dann akut, wenn du aktuell eine Immobilienfinanzierung für ein neues Objekt planst, etwa für eine Mietimmobilie oder ein Eigenheim. Die steigenden Bauzinsen setzen die Immobilienpreise tendenziell unter Druck, was für dich gut ist. Denn die Verkäufer werden womöglich immer weniger Mondpreise für ihre Immobilien verlangen können.


Die Analysten von DB Research gehen allerdings mittlerweile davon aus, dass die "fundamentale Angebotsknappheit" an Immobilien erst 2025 abgebaut sein wird. Und die steigenden Darlehenszinsen machen Immobilienkredite teurer und ermöglichen dir dadurch vielleicht nur den Kauf eines billigeren Objekts.‍


In jedem Fall ist es bei einer Neufinanzierung nun erst recht ratsam, auf längere Zinsbindungen zu achten. So ist es gegen einen leichten Zinsaufschlag möglich, die Zinsbindung für 15 Jahre festzuschreiben. Das hat für dich den Vorteil, dass du ab dem 10. Jahr 5 Jahre Zeit hast, dich um die nächste Anschlussfinanzierung zu kümmern. Möglich ist das, weil du ab dem 10. Jahr aus jedem Baufinanzierungsvertrag aussteigen darfst, egal, für wie lange du diesen abgeschlossen hast. Du kannst dann also ganz bewusst eine ruhigere Zinsphase abwarten.

Für Anschlussfinanzierungen günstige Bauzinsen sichern


Anders sieht die Lage aus, wenn du ein bestehendes Objekt nach Ablauf der Zinsbindung nun erneut finanzieren musst. Für eine solche Anschlussfinanzierung gilt, dass stark steigende Bauzinsen sicherlich keine gute Option sind.


Aber auch hierfür gibt es zumindest eine halbwegs befriedigende Lösung: Mit einem Forward-Darlehen kannst du dir die heutigen Zinskonditionen für einen Aufschlag auch schon Jahre im Voraus bei deiner Bank sichern. Das gibt dir Kalkulationssicherheit. Du weißt genau, dass die Finanzierung auch nach Ablauf deiner Zinsbindung weiter funktioniert.


Allerdings hat das natürlich auch einen Haken: Zum einen kannst du nie exakt wissen, wann der optimale Zeitpunkt für den Abschluss des Forward-Darlehens gekommen ist. Sprich: Du kannst die Zinsentwicklung nicht vorhersehen, sie ist zu wechselhaft. Zum anderen kannst du auch nicht vorhersehen, ob die Baufinanzierung mit einem Forward-Darlehen für dich der günstigere Weg sein wird. Denn niemand kann sagen, wie die Zinsen in ein oder mehreren Jahren tatsächlich stehen. Sprich: Ob sich der Immobilienkredit für Sie tatsächlich gelohnt hat.

PropRate-Tipp

Konkreter Zinssatz hängt auch von dir ab

Neben der aktuellen Marktlage beeinflussen auch weitere Faktoren den Bauzins, den du ganz konkret für deinen Kauf oder Bau erhältst. Das ist zum einen deine generelle Bonität, zum anderen aber auch, wie viel Eigenkapital du für die Immobilienkredite aufbringen kannst. Lies auch unseren Artikel dazu, ist. Außerdem solltest du in jedem Fall die Konditionen für Immobiliendarlehen der unterschiedlichen Anbieter miteinander vergleichen. Auch hier gibt es große Unterschiede. Wie sich die Bauzinsen aktuell entwickeln, ist also nur einer von vielen Faktoren, die eine Rolle spielen. .

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