Eigenbedarf: Diese Fristen und Pflichten sollten Eigentümer beachten

Ihr möchtet eure aktuell vermietete Immobilie nun doch lieber selbst bewohnen? Oder vielleicht habt ihr gerade eine Immobilie erworben, die ihr zwar erstmal vermieten möchtet, die aber auf lange Sicht doch euer eigenes Zuhause werden soll? In diesen und einigen weiteren Fällen habt ihr die Möglichkeit, euren Mieter*innen wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Das geht aber nicht einfach so. Was ihr dabei beachten solltet und welche Rechte und Pflichten ihr in einem solchen Fall habt, fassen wir in diesem Beitrag zusammen.

· Lesezeit 5 minPropRate Redaktion

Für welche Personen kann ich meinen Mieter*innen auf Eigenbedarf kündigen?

Wahrscheinlich habt ihr schon mal gehört, dass ihr euren Mieter*innen nicht einfach so kündigen dürft, weil eure beste Freundin sich gerade getrennt hat und nun eine neue Wohnung sucht oder sich euer Kumpel selbstständig macht und euer Objekt für die perfekten Büroräume hält. In § 573 (2) Nr. 2 BGB ist gesetzlich festgelegt, dass Vermieter*innen ihre Mietwohnung für sich selbst, Angehörige ihres Haushalts oder ihrer Familie beanspruchen und auch nur für Wohnzwecke nutzen dürfen. Ferner zählen hierzu folgende Personen:

  • (Stief- und Pflege-) Kinder
  • (Pflege- und Schwieger-) Eltern
  • Ehegatten (auch nach Trennung oder Scheidung)
  • Großeltern und Enkel
  • Geschwister, Nichten und Neffen
  • Pflegebedürftige Angehörige und Pflegepersonal


Euch mag vielleicht überraschen, dass für Ehepartner auch nach Trennung oder Scheidung Eigenbedarf angemeldet werden kann. Der Bundesgerichtshof hat 2020 in einem Urteil (VIII ZR 35/19) entschieden, dass Ehegatten auch nach Trennung oder Scheidung derselben Familie angehören. Bei weiter entfernten Verwandten müsst ihr oftmals nachweisen, dass der Kontakt besonders eng ist. Eine Entscheidung kann dann im Zweifel sogar gerichtlich gefällt werden. Wichtig ist, dass ihr nachvollziehbare Gründe darlegt, weshalb ihr die Wohnung für euch oder die jeweilige Bedarfsperson benötigt.


Nachvollziehbare Gründe für eine Kündigung wegen Eigenbedarf


Euer reines Vorhaben, die Immobilie von nun an selbst bewohnen zu wollen, rechtfertigt also noch lang keine Eigenbedarfskündigung. Vielmehr müsst ihr konkrete und nachvollziehbare Gründe angeben, die euren Eigenbedarf belegen. Wechselt ihr beispielsweise den Arbeitsplatz, der nun deutlich näher an der vermieteten Immobilie gelegen ist, kann das ein plausibler Grund sein. Auch eure privaten Lebensumstände können sich ändern. Eine Hochzeit oder die Vergrößerung der Familie fordert meist einen größeren Wohnraum. Trennung oder Scheidung, Ruhestand, der Tod des Partners oder auch Krankheiten bewirken oft das Gegenteil – ihr benötigt eine kleinere Wohnung. Genauso wie diese sind auch der Einzug von pflegebedürftigen Angehörigen oder Pflegepersonal, der Umbau des von euch derzeit bewohnten Objektes, der länger dauert als anderthalb Jahre oder die Wohnungsnot bei nahen Verwandten nachvollziehbare Gründe für Eigenbedarfskündigungen.


Wann ist eine Eigenbedarfskündigung nicht möglich?


Eigenbedarf liegt nicht vor, wenn ihr beabsichtigt, die Immobilie nur vorübergehend zu nutzen. Eine Entscheidung ist hier oft einzelfallabhängig. Während eine achtzehnmonatige Umbauzeit des bisher bewohnten Hauses beispielsweise als zulässig gilt, wurde die zweijährige Ausbildung der Enkelin des Vermieters als unzureichend erklärt und die Kündigung abgewiesen. Genauso dürft ihr euren Mieter*innen nicht einfach auf Vorrat kündigen. Wenn also aktuell kein Eigenbedarf besteht, ihr die Immobilie aber in ferner Zukunft beziehen möchtet, habt ihr heute noch nicht die Möglichkeit, wegen Eigenbedarf zu kündigen. Oder vielleicht verfügt ihr über eine weitere leerstehende Immobilie. Solang diese euren Eigenbedarf befriedigt, müssen eure Mieter*innen ihr Zuhause nicht verlassen. Möchtet ihr eure bisher vermietete Wohnung von nun an gewerblich nutzen, ist auch das nicht rechtens. Nur wenn ihr nachweisen könnt, dass euch gewichtige Nachteile entstehen, weil ihr die Wohnung nicht gewerblich nutzt, kann im Einzelfall anders entschieden werden, da ein sogenanntes allgemeines berechtigtes Interesse an der Kündigung besteht.


In manchen Fällen kann es sein, dass der Grund für euren Eigenbedarf noch vor Ablauf der Kündigungsfrist oder vor dem Auszug eurer Mieter*innen wegfällt. In diesem Fall seid ihr gesetzlich dazu verpflichtet, sie über die veränderten Umstände zu informieren. Andernfalls haben eure Mieter*innen ein Anrecht auf Schadensersatzforderungen. Ihr müsstet dann beispielsweise für die höhere Miete der neuen Wohnung oder auch die Umzugskosten aufkommen. Gleichzeitig muss der Grund für die Eigenbedarfsanmeldung lediglich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist vorliegen. Der BGH hat darüber entschieden, dass es beim Eigenbedarf nur auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem das Mietverhältnis endet (Urteil VIII ZR 339/04). Sollten im Nachhinein Zweifel an den Ansprüchen auftauchen, müsst ihr als Vermieter*in nachweisen, dass der Eigenbedarf nicht vorgetäuscht war. Das kann ansonsten teuer für euch werden.


Geltende Fristen bei Eigenbedarfskündigungen


Bei Eigenbedarfskündigungen müsst gesetzliche Fristen einhalten, die sich nach der bisherigen Dauer des Mietvertrages richten:

  • Bei einer Mietdauer von weniger als fünf Jahren beträgt die Kündigungsfrist drei Monate.
  • Bei einer Mietdauer von fünf bis acht Jahren beträgt die Kündigungsfrist sechs Monate.
  • Bei einer Mietdauer, die acht Jahre übersteigt, beträgt die Kündigungsfrist neun Monate.


Wichtig ist aber nicht nur, dass ihr wisst, wie lang eure Mieter*innen die Immobilie nach Erhalt der Kündigung weiterhin bewohnen dürfen. Die Kündigung muss bis zum dritten Werktag des Kalendermonats bei den Mieter*innen eingegangen sein, damit die Frist beginnt.


Seid euch bewusst, dass eine Eigenbedarfskündigung eine große Veränderung im Leben eurer Mieter*innen bedeutet. Nicht selten kommt es total überraschend. Wir können euch daher nur ans Herz legen, von Anfang an das Gespräch mit ihnen zu suchen und ihnen so viel Vorlaufzeit zu geben wie möglich. Schließlich gibt es für sie einiges zu organisieren.


So weist ihr den Eigenbedarf nach und kündigt formgerecht


Wir haben festgestellt, dass bestimmte Fristen einzuhalten sind und ihr nachvollziehbare Gründe vorweisen müsst, damit eine Eigenbedarfskündigung erfolgreich ist. Um die Fristen zu wahren, solltet ihr früh genug mit dem Aufsetzen der Kündigung beginnen. Wenn ihr sie euren Mieter*innen nicht persönlich überreicht, solltet ihr sie außerdem per Einschreiben versenden. Nicht selten kommt es vor, dass die Empfänger*innen andernfalls behaupten, den Brief nicht erhalten zu haben. Um eure Gründe möglichst nachvollziehbar zu machen, solltet ihr folgende Informationen in das Kündigungsschreiben aufnehmen:

  • Macht Angaben zu der Person, für die der Wohnraum benötigt wird.
  • Seid ihr mit dieser Person nicht verwandt, müsst ihr die Verbindung zu dieser Person erläutern.
  • Gebt konkrete Gründe dafür an, warum ihr den Eigenbedarf anmeldet.
  • Im Fall eines Widerspruchs sind auch eure Mieter*innen in der Pflicht: Bis spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses muss er seinen Widerspruch schriftlich erklärt haben. Fügt dem Kündigungsschreiben daher einen Hinweis auf das gesetzliche Widerspruchsrecht des Mieters nach § 574 BGB inklusive Frist- und Schriftformerfordernis bei.
  • Wenn ihr über eine Alternativwohnung verfügt, die ihr euren Mieter*innen anbieten möchtet, ist auch das im Kündigungsschreiben aufzuführen. Gleichzeitig seid ihr dazu verpflichtet, eine Erklärung zu liefern, weshalb diese Alternativwohnung für euch selbst nicht infrage kommt.


Nach der Kündigung steht euch ein Besichtigungsrecht für die Immobilie zu. Schließlich könnt ihr nur so nötige Umbau- und Renovierungsmaßnahmen planen. Doch auch hier solltet ihr euch darüber bewusst sein, dass die Kündigung eure Mieter*innen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gerade positiv stimmt. Verhaltet euch daher rücksichtsvoll und fallt nicht mit der Tür ins Haus.


Unser Fazit


Eine Eigenbedarfskündigung ist nicht von heute auf morgen möglich. Es gibt viele Fristen und Formalitäten, die es für euch als Vermieter*innen einzuhalten gilt. Wenn ihr diese einhaltet, habt ihr gute Chancen, dass eure Kündigung erfolgreich ist. Doch wie nachvollziehbar euer Grund für die Eigenbedarfskündigung auch sein mag, vergesst bitte nicht, dass es sich für eure Mieter*innen wahrscheinlich um einen großen Einschnitt handelt. Schließlich haben sie sich nicht selbst zum Auszug entschieden. Auch wenn diese Art der Kündigung euer gutes Recht ist, solltet ihr respektvoll und behutsam mit ihnen umgehen.

 


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