Was sich durch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes geändert hat

Wenn in einem Haus mehrere Eigentümer Wohnungen besitzen, gilt für sie das Wohnungseigentumsgesetz. Aber was steht drin? Und was hat sich im Dezember 2020 geändert?

· Lesezeit 7 minPropRate Redaktion

Wer eine Eigentumswohnung in einem Mehrparteienhaus kauft, wird automatisch Teil einer so genannten Eigentümergemeinschaft. Sie entscheidet beispielsweise darüber, wann und von wem die Fassade neu gestrichen wird oder wer das Haus verwalten soll. Wie oft, wenn mehrere Parteien an einem Projekt beteiligt sind, treffen auch hier unterschiedliche Meinungen aufeinander. Das Wohnungseigentumsgesetz regelt die Grundsätze des Miteinanders und schafft damit einen Rahmen für die Gemeinschaft. Ende 2020 wurde es reformiert – und es hat sich einiges geändert.


‍Seit Dezember 2020 gilt das „Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften“. Das ist ein sehr langer und komplizierter Name. Deutlich einfacher ist die Kurzversion: Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WeMoG). Dieses Gesetz ist wichtig für Eigentümergemeinschaften, also für mehrere Immobilieneigentümer, die in einem Haus eine Wohnung besitzen.

Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum

Innerhalb des Hauses wird unterschieden, ob es sich um Gemeinschafts- oder Sondereigentum handelt. Deine Wohnung gehört zum sogenannten Sondereigentum. Dort darfst du fast immer machen, was du willst: Das Bad neu fliesen lassen – kein Problem! Parkett verlegen, neu streichen – alles dir überlassen, solange du keine tragenden Strukturen anfasst oder ins Gemeinschaftseigentum eingreifst. Wenn hingegen ein einzelner Eigentümer neue Fenster einbauen, Rollläden abringen oder einen Balkon anbauen möchte, braucht er dazu die Genehmigung der Eigentümergemeinschaft, also der anderen Eigentümer. Schließlich würde sich durch diese Maßnahmen das Erscheinungsbild der Fassade verändern, die allen zusammen gehört. Entsprechend haben in solchen Fälle alle ein Mitspracherecht: Es muss also abgestimmt werden.‍


Hier wird klar: Eine Immobilie besteht nicht nur aus Sondereigentum: Der Keller, vielleicht eine Tiefgarage, ein Innenhof, Flure und Treppenhäuser, Fassade und Dach zählen zum sogenannten Gemeinschaftseigentum. Dort wird Strom verbraucht, es muss geputzt werden, vielleicht gibt es einen Wasserrohrbruch oder der Bodenbelag muss erneuert werden: Diese Kosten trägt die Gemeinschaft – und jeder Eigentümer einen Teil, der seinem sogenannten Miteigentumsanteil, kurz MEA, entspricht. Arbeiten am Gemeinschaftseigentum werden üblicherweise extern vergeben, sprich an Handwerker. Im Normalfall ist das eine Aufgabe der Hausverwaltung, die von der Eigentümergemeinschaft beauftragt wird. Damit all dies möglichst reibungslos verläuft, gibt es das Wohnungseigentumsgesetz. Es schafft also den rechtlichen Rahmen für die Eigentümergemeinschaft und die Verwaltung einer Immobilie.‍


Das Gesetz aus dem Jahr 1951 wurde 1973 und 2007 reformiert. Insbesondere in den Bereichen Barrierefreiheit, energetische Sanierung, Förderung von Elektromobilität und Einbruchsschutz gab es nun akuten Modernisierungsbedarf. Darum wurde das Wohnungseigentumsgesetz nun erneut reformiert. Die neue Fassung gilt seit Dezember 2020 und bringt sowohl für Eigentümer als auch für Hausverwaltungen wichtige Änderungen mit sich.

Worauf Eigentümer jetzt einen Anspruch haben

Besonders wichtig für Eigentümer ist, dass sie jetzt einige Baumaßnahmen vereinfacht durchsetzen können. Wer als Eigentümer eine Wohnung schnell und hochpreisig vermieten will, muss den Ansprüchen moderner Mieter genügen. Das WeMoG schreibt Eigentümern jetzt in vier wichtigen Lebensbereichen einen Anspruch zu, die eigene Immobile . Seit Dezember ist es leichter geworden, für Elektrofahrzeuge Ladesäulen oder Wallboxes einzubauen, für schnelles Internet einen Glasfaseranschluss verlegen zu lassen, barrierefrei aus- und umzubauen und den Einbruchschutz zu verbessern. Allerdings: Die Kosten für diese so genannten privilegierten Maßnahmen muss jeder Eigentümer selbst tragen. Zumindest, solange die Eigentümergemeinschaft keinen gemeinsamen Entschluss gefasst hat.

Wie die Kosten jetzt verteilt werden.

Im Prinzip tritt mit der Reform das Verursacherprinzip in den Vordergrund:

Möglichkeit 1: Individueller Wunsch

Angenommen, der Bewohner im Dachgeschoss möchte einen Rollladen vor seinem Dachfenster. Dann muss die Eigentümergemeinschaft darüber entscheiden, ob er sich diesen einbauen lassen darf – schließlich verändert sich dadurch die Außenansicht. Stimmt sie zu, darf er den Rollladen einbauen, muss aber die Kosten selbst übernehmen.

Möglichkeit 2: (Fast) Alle wollen das Gleiche

Mehrere Eigentümer wünschen sich in der Tiefgarage Fahrradständer. Wenn die Mehrheit der Eigentümer dafür ist, wird der Beschluss umgesetzt. Es bezahlen aber nur die dafür, die dem Wunsch zugestimmt haben.


Moment, werden Sie jetzt vielleicht denken: Wer also nicht zustimmt, muss nicht bezahlen – und kann den Fahrradständer trotzdem benutzen? Theoretisch darf ihn tatsächlich nur benutzen, wer ihn bezahlt. Aber wer soll das wie kontrollieren? Das Problem verschärft sich, wenn Sie jetzt an die Kosten für einen Aufzugseinbau, eine neue Haustür oder Wärmedämmung denken. Und genau darum gibt es Ausnahmen: Wenn mindestens zwei Drittel der Teilnehmer bei einer Eigentümerversammlung zugestimmt haben, und diese für mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile stehen, dann müssen eben doch alle Eigentümer bezahlen. Dementsprechend auch die, die gar nicht bei der Versammlung waren, beziehungsweise die, die gegen die Maßnahme gestimmt haben. Es müssten übrigens auch alle zahlen, wenn sich die Kosten innerhalb einer angemessenen Zeit amortisieren.


Exkurs: Zwei Drittel und 50 Prozent – das sind ...Deine Eigentümergemeinschaft besteht aus 40 Parteien. 28 nehmen an der Eigentümerversammlung teil, 22 stimmen für eine Maßnahme. Zwei Drittel von 28 sind 18,6 – da 22 zugestimmt haben, ist Teil 1 der Regel erfüllt.


Jetzt muss noch Teil 2 beachtet werden: Wenn jeder Eigentümer genau einen Miteigentumsanteil hat, und 22 Eigentümer zugestimmt haben, sind das 22 Miteigentumsanteile. 50 Prozent von 40 Eigentümern wären 20. Es sind aber sogar 22 dafür – also müssen alle Eigentümer bezahlen.


Allerdings sind die Miteigentumsanteile in der Regel nicht gleich hoch, weil die Wohnungen in der Regel unterschiedlich groß sind. Miteigentumsanteile werden üblicherweise in Relation zur Größe der Wohnung berechnet. Es könnte also sein, dass ausgerechnet die 22 Teilnehmer, die für die Maßnahme gestimmt haben, kleine Wohnungen und somit geringere Miteigentumsanteile haben als beispielsweise die zwölf Parteien, die gar nicht an der Versammlung teilnehmen. Dann kämen sie nicht auf 50 Prozent – und dementsprechend müssten sich auch nicht alle Eigentümer an den Kosten beteiligen.


Am Beispiel der Ladesäulen oder Wallboxen für Elektrofahrzeuge, die Eigentümer jetzt vereinfacht einbauen dürfen, bedeutet das etwas vereinfacht:


Ein Eigentümer will eine Ladesäule in der Tiefgarage installieren lassen. Die Eigentümergemeinschaft kann das nicht verbieten. Der Eigentümer zahlt dafür alleine – darf die Ladesäule aber auch alleine nutzen.Die Eigentümergemeinschaft beschließt allgemein und mit einfacher Mehrheit, dass es Ladesäulen geben soll. Dann bezahlen nur die für die Säulen, die für die Installation gestimmt haben. Diejenigen, die dagegen waren, zahlen nichts, dürfen die Säulen aber auch nicht benutzen.Die Eigentümergemeinschaft beschließt mit zwei Drittel Mehrheit und mindestens 50 Prozent der Miteigentumsanteile, dass es diese Säulen geben soll. Dann zahlen alle Eigentümer für die Säulen – und alle dürfen sie benutzen.


Sollte ein Eigentümer später feststellen, dass es ein Fehler war, sich gegen eine Maßnahme zu entscheiden, kann er einen entsprechenden nachträglichen Ausgleich leisten. Er darf dann den Aufzug, den Fahrradständer oder eben die installierten Ladesäulen mitbenutzen.

Was rund um die Eigentümerversammlung nach der Reform noch besonders wichtig ist.

Damit genau solche Entscheidungen gefällt werden können, trifft sich die Eigentümergemeinschaft üblicherweise einmal im Jahr. Die Einladung zu dieser Eigentümerversammlung muss jetzt drei Wochen vor dem geplanten Termin bei den Eigentümern ankommen – das ist eine Woche früher als bisher. Die Einladung muss außerdem nicht mehr als Brief verschickt werden – jetzt reicht dafür eine E-Mail. Überhaupt ist die gesamte Kommunikation mit der Hausverwaltung seit Dezember in digitaler Form möglich, das gilt beispielsweise auch für die so genannten Umlaufbeschlüsse. Mit ihnen wird von der Gemeinschaft schriftlich ein Beschluss gefasst, ohne dass eine Eigentümerversammlung stattfinden muss. Für die jährliche Versammlung kann jetzt außerdem virtuell die Stimme abgegeben werden. Und unabhängig davon, wie viele Eigentümer teilnehmen, ist die Versammlung immer beschlussfähig. Über jede Maßnahme kann mit einfacher Mehrheit abgestimmt werden. Das war früher komplizierter.

Was Eigentümerbeiräte nach der Reform wissen sollten.

Die Eigentümergemeinschaft wählt üblicherweise einen sogenannten Eigentümerbeirat. Seine Aufgabe war es bisher, den Hausverwalter zu unterstützen. Mit der Novelle wird der Beirat über die Unterstützung hinaus auch mit der Verwalterkontrolle betraut. Das ist wichtig, weil gleichzeitig auch die Befugnisse der Hausverwaltungen ausgebaut wurden (siehe unten).


Geändert hat sich außerdem, dass ein Eigentümerbeirat nicht mehr aus drei Eigentümern bestehen muss – theoretisch können es jetzt auch mehr oder weniger sein. Und: Die Beiräte haften nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher für ihre Entscheidungen und Handlungen.

Was für die Zusammenarbeit mit dem Hausverwalter jetzt wichtig ist.

Auch für Hausverwaltungen und die Zusammenarbeit mit ihnen hat sich einiges geändert. So haben Hausverwalter jetzt größere Befugnisse. Kleinere Reparaturen oder auch Vertragsabschlüsse mit Versorgern oder Dienstleistern können sie nach der Reform eigenverantwortlich veranlassen. Sie benötigen also nicht mehr die explizite Zustimmung der Eigentümer beziehungsweise des Eigentümerbeirats. Grundsätzlich gilt: je größer die Anlage, desto eigenverantwortlicher soll der Hausverwalter arbeiten dürfen. Was genau dem Hausverwalter erlaubt sein soll, entscheidet die Eigentümergemeinschaft – vermutlich in der nächsten Versammlung.


Damit der Hausverwalter seine neuen Befugnisse nicht ausnutzt, soll der Beirat ihn seit Dezember überwachen. Und falls die Eigentümergemeinschaft nicht mit der Arbeit des Hausverwalters zufrieden ist, kann sie ihn jetzt leichter und schneller abberufen als bisher. Damit Hausverwaltungen eine möglichst gute Arbeit machen, müssen sie sich ab 2022 von der Industrie- und Handelskammer zertifizieren lassen. Regelmäßige Fortbildungen gehören sowieso zu ihrem Alltag.‍


Nicht nur hier unterstehen Wohnungseigentümer gesetzlichen Bestimmungen, auch im Umgang mit ihren Mietern sind einige Dinge zu beachten. Welche das sind, erfährst du .


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