Zwangsversteigerung - Schnäppchen oder Fass ohne Boden?

Egal, wo man derzeit hinsieht, überall steigen die Preise. Für einige Immobilieneigentümer*innen, die einen Kredit abbezahlen, könnte es künftig schwierig werden, noch genügend Geld für die Rückzahlung ihres Darlehens aufzubringen oder die gestiegenen Kosten einer Anschlussfinanzierung zu stemmen. Kann der Kredit bei der Bank nicht mehr getilgt werden, kommt es bei Immobilien häufig zu sogenannten Zwangsversteigerungen. Was für die Betroffenen zerplatzte Träume bedeutet, betrachten viele Immobilieninteressent*innen gleichermaßen als Chance. Schließlich kann man beim Kauf einer solchen Immobilie bis zu 30 Prozent gegenüber eines herkömmlichen Objektes sparen. Wir zeigen euch, ob das tatsächlich stimmt oder ein Trugschluss ist. Außerdem erfahrt ihr wie der Prozess einer Zwangsversteigerung abläuft und wie ihr euch am besten darauf vorbereitet.

· Lesezeit 8 minPropRate Redaktion

Grundlagen der Zwangsversteigerung

Das Zentrum einer Zwangsversteigerung bildet das jeweilige Amtsgericht. Bevor eine Immobilie versteigert wird, bestellt dieses Gericht eine*n Gutachter*in, der/die den Verkehrswert des Hauses schätzt, zu dem es verkauft werden kann, und damit eine einigermaßen verlässliche Grundlage für das folgende Bieterverfahren schafft. Ein großer Pluspunkt für diejenigen unter euch, die an Versteigerungsobjekten interessiert sind! Behaltet dabei aber unbedingt im Hinterkopf: Der/die momentane Eigentümer*in ist nicht dazu verpflichtet, dem/der Gutachter*in Zutritt zu seinem/ihrem Grundstück zu gewähren. Er/sie hat also kein Wissen über den tatsächlichen Zustand und Wert der Immobilie. Es handelt sich lediglich um eine Einschätzung auf Grundlage der bekannten Eckdaten.


Wann kommt es zu einer Zwangsversteigerung?


Der Anlass einer Zwangsversteigerung muss nicht unbedingt die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des/der Eigentümer*in sein. Die Teilungsversteigerung, ein Sonderfall der Zwangsversteigerung, erfolgt, um für klare Verhältnisse in einer Gemeinschaft wie einer geschiedenen Ehe oder einer Erbengemeinschaft zu sorgen. Das Objekt wird nicht versteigert, um Schulden zu tilgen, sondern um den Erlös aus dem Verkauf gerecht auf die beteiligten Personen aufzuteilen.

Die verschiedenen Gebote


Bei jeder Zwangsversteigerung wird zuvor ein absolutes Mindestgebot festgelegt, das nicht unterschritten werden darf. Dieses setzt sich aus den Komponenten Verfahrenskosten und Grundsteuerschulden sowie gegebenenfalls den am Grundstück bestehenbleibenden Rechten zusammen. Um welche Rechte es sich dabei handeln kann, erfahrt ihr hier. Als Meistgebot hingegen wird das höchste Gebot bei einer Zwangsversteigerung bezeichnet. Zum Ende der Bietstunde wird es vom/von der Rechtspfleger*in dreimal aufgerufen und bei ausbleibendem Einspruch schließlich verkündet.


Darüber hinaus kann unterschieden werden zwischen Einzel- und Gesamtausgebot. Besteht ein Objekt aus mehreren Teilen wie beispielsweise bei einem Mehrfamilienhaus, können die Teile auch einzeln ausgeboten werden. Gibt es allerdings eine*n Bieter*in für die gesamte Immobilie, hat er/sie stets Vorrang.

Juristische Feinheiten


Es wird unterschieden zwischen Erst-, Zweit- und Wiederholungstermin. Für den Ersttermin besteht eine amtliche Mindestschwelle von 50 Prozent des Verkehrswertes. Gebote dürfen also die Hälfte des Verkehrswertes nicht unterschreiten. Wurde kein*e Käufer*in gefunden, können die Schwellen für den Zweit- und Wiederholungstermin aufgehoben werden. Die Mindestgrenze liegt dann bei der Summe der aufgelaufenen Verfahrenskosten. Hier obliegt es den Banken, Gebote abzulehnen, die mehr als 70 Prozent unter den Verkehrswert fallen.


Seid euch außerdem bewusst, dass der/die derzeitige Eigentümer*in auch nach dem Versteigerungstermin noch Beschwerde gegen das Verfahren einreichen darf. Das bedeutet für euch als Meistbietende*r, dass sich der Kaufprozess um unbestimmte Zeit verzögern kann.

Vorbereitung


Kümmert euch frühzeitig um die Finanzierung – bestenfalls bereits vor der Teilnahme an einem Bieterverfahren. Einige Kosten fallen nämlich bereits an, ohne dass ihr überhaupt den Zuschlag erhalten habt. Mehr dazu erfahrt ihr weiter unten im Kapitel Finanzierung. Mit unserem Finanzierungsrechner könnt ihr schnell und einfach herausfinden, was euch eine Finanzierung kosten darf. Ihr könnt die Zinsen richtig einschätzen und die Finanzierung auf solide Füße stellen. Außerdem erhaltet ihr auf Wunsch einen Überblick über Baufinanzierungspartner und findet so schnell das beste Angebot am Markt.


Es bietet sich auch an, bereits vor dem eigenen Einstieg in ein Bieterverfahren an Versteigerungsterminen teilzunehmen. So erhaltet ihr einen Eindruck vom Ablauf und der Stimmung, ihr könnt die Bietenden beobachten und am Ende wahrscheinlich vieles mitnehmen, das eure Unsicherheiten als aktiv Bietende*r mindert.


Auf Versteigerungsportalen oder im Versteigerungskalender der jeweiligen Amtsgerichte findet ihr eine Übersicht an Immobilien und Versteigerungsterminen. Wenn ihr ein Objekt entdeckt habt, dessen Daten euch zusagen, könnt ihr einen Termin beim Amtsgericht vereinbaren, um die Versteigerungsakte zu sichten. Ihr erhaltet Einblick in verschiedene Dokumente, darunter die Immobilienbewertung, der Grundbuchauszug oder das Baulastenverzeichnis. Auch der ermittelte Verkehrswert des Objektes ist enthalten. Nur weil ihr diese Dokumente eingesehen habt, bedeutet das aber leider nicht, dass ihr den Zustand des Objektes ohne weiteres einschätzen könnt. Bereits oben haben wir euch erklärt, dass der/die Schuldner*in nicht dazu verpflichtet ist, dem/der Gutachter*in Zutritt zu seinem/ihrem Eigentum zu gewähren, eine genaue Einschätzung des Wertes ist also nicht möglich.


Dasselbe gilt für euch. Auch ihr dürft die Immobilie nur mit Einverständnis des/der Schuldners*in besichtigen. Es ist kaum nötig zu sagen, dass er/sie daran meist kein Interesse hat. Damit ihr euch dennoch vor der Versteigerung ein Bild vom Objekt machen könnt, empfiehlt es sich, es zumindest von außen genauestens unter die Lupe nehmen. Achtet auf den Zustand der Fassade und des Dachs. Vielleicht könnt ihr auch einschätzen, wie es sich mit der Verglasung der Fenster verhält. Auf jeden Fall bekommt ihr vor Ort einen Eindruck von Nachbarschaft und Lage. Und das zahlt selbstverständlich ebenso auf den Wert des Objektes ein. Das PropRating kann euch dabei helfen einzuschätzen, ob der Verkehrswert angemessen angesetzt wurde.


Für die Versteigerung selbst müsst ihr einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mitbringen. Ihr bietet im Namen einer anderen Person, die am Versteigerungstermin verhindert ist? In diesem Fall benötigt ihr außerdem eine Bietervollmacht.

Der Versteigerungstermin


Nach all der Vorbereitung ist es endlich so weit: Der Versteigerungstermin am Amtsgericht findet statt. Er folgt stets einem festgelegten Schema und ihr solltet etwa eine Stunde einplanen.


Zu Beginn des Termins wird der zuvor durch das Gutachten ermittelte Verkehrswert verlesen. Diesen kennt ihr bereits aus eurem vorherigen Termin beim Amtsgericht. Anschließend werdet ihr über die Formalia und Versteigerungsbedingungen aufgeklärt, bevor der/die Rechtsprecher*in euch über die Anzahl der Gläubiger*innen und ihre Ansprüche informiert. Darin enthalten sein können auch eventuelle Baulasten, Auflagen oder Beschränkungen, die mit der Immobilie in Verbindung stehen und im Grundbuch eingetragen sind. Sollte es sich um ein Mietobjekt handeln, werden darüber hinaus die bestehenden Miet- und Pachtverhältnisse bekannt gegeben.


Nun beginnt die Bieterstunde, die meist für rund 30 Minuten angesetzt ist. Genau lässt sich ihre Dauer vorher aber nie abschätzen, denn sie ist abhängig davon, wie viele Gebote abgegeben werden. Wichtig für euch zu wissen: Auch die mündliche Abgabe eines Gebots ist beim Bieterverfahren rechtskräftig. Das heißt, ihr solltet während des Termins genau darauf achten, was ihr sagt. Lasst euch auch von Mitbietenden nicht in die Karten schauen, damit sie über euer Budget im Unklaren bleiben.


Seid ihr hingegen der/die einzige Bieter*in, solltet ihr an eurem persönlichen Limit festhalten, auch wenn die Bank nicht von ihrer Forderung von 70 Prozent des Verkehrswertes abrückt. Denn wie bereits oben erklärt, könnt ihr nach dem Ersttermin mit einer Forderungsminderung rechnen.


Am Ende erhält in der Regel die Person den Zuschlag, die am meisten Geld für die Immobilie geboten hat. Der Beschluss zur Erteilung des Zuschlags wird durch eine*n Rechtspfleger*in verkündet und in einem amtlichen Dokument festgehalten, das Gläubiger*innen, Schuldner*innen und Erwerber*in zugestellt wird.

Die Finanzierung


Generell besteht kein großartiger Unterschied zu einer herkömmlichen Immobilienfinanzierung. Sobald es real wird und ihr an einem Bieterverfahren teilnehmt, fordert das Gericht als Sicherheit eine Zahlung in Höhe von zehn Prozent des Immobilienverkehrswertes. Sofern ihr nicht als Meistbietende*r aus dem Termin herausgeht, erhaltet ihr das Geld selbstverständlich zurück.


Vor dem Zuschlag könnt ihr eure Bank allerdings nicht um eine Finanzierung bitten, denn auch sie kann das Objekt nicht bewerten. Daher ist es möglich, dass ihr die Immobilie für den zuvor festgestellten Verkehrswert erwerbt, die Bank ihren Wert aber später deutlich geringer einschätzt. Somit entsteht für euch ein großes Risiko, dass ihr einen gewissen Teil des Kaufpreises nicht finanzieren könnt, sondern selbst umgehend aufbringen müsst. Um böse Überraschungen zu vermeiden, ist der reguläre Kauf eines Hauses daher immer empfehlenswert. Schaut mal bei PropRate vorbei. Dort erhaltet ihr nicht nur einen Überblick über den Immobilienmarkt, sondern immer direkt auch eine Bewertung des Objektes.


Erhaltet ihr den Zuschlag für die versteigerte Immobilie, wird der gesamte Kaufpreis vier bis acht Wochen nach dem Versteigerungstermin fällig. Im Zuge des sogenannten Verteilungstermins wird der Erlös anteilig an die Gläubiger*innen ausgegeben. Auch aufgrund der Kurzfristigkeit der Zahlungserbringung solltet ihr euch bereits vor der Teilnahme an einer Versteigerung mit einem Finanzierungspartner zusammensetzen. Denkt daran, dabei auch ein finanzielles Polster für unvorhersehbare Ereignisse einzurechnen, damit ihr unerwartete Kosten im Notfall entrichten könnt.

Vorsicht, versteckte Kosten!


Der Immobilienerwerb durch Zwangsversteigerung mag zunächst nach Schnäppchen klingen. Schließlich sind die Kaufpreise niedriger als beim regulären Kauf und auch die Nebenkosten wie Maklerprovision oder Notarkosten entfallen. Dennoch können einige Kosten auf euch zukommen, die ihr vielleicht nicht direkt auf dem Schirm habt.


Auch bei der Zwangsversteigerung müsst ihr eine Grunderwerbsteuer errichten. Ihre Berechnung erfolgt anhand der Regularien des Bundeslandes, in dem sich die Immobilie befindet. Ohne eine Zahlung der Grunderwerbsteuer werdet ihr nicht ins Grundbuch eingetragen – womit wir bereits beim nächsten Kostenfaktor wären. Denn auch die Eintragung ins Grundbuch ist kostenpflichtig. Sie richtet sich nach dem amtlichen Verkehrswert der Immobilie. Und während die üblicherweise mit einem Hauskauf einhergehenden Notarkosten zwar wegfallen, wird für Auktionen eine Zuschlagsgebühr vom Amtsgericht erhoben, die sich anhand des Gebots berechnet.

Unser Fazit


Klar ist: Eine Zwangsversteigerung kann erstmal nach Schnäppchen aussehen. Was ihr am Ende dafür bekommt und womöglich draufzahlen müsst, ist allerdings ungewiss. Damit ihr gut vorbereitet ins Bieterverfahren einsteigt, haben wir euch die fünf wichtigsten Tipps zusammengefasst.

PropRate-Tipp

  1. Besucht erstmal mindestens einen Zwangsversteigerungstermin, bevor ihr selbst aktiv bietet. So könnt ihr euch den Ablauf genau ansehen und von den aktiven Bieter*innen lernen.
  2. Sprecht schon vor dem ersten Versteigerungstermin mit einem Finanzierungsdienstleister über eure Möglichkeiten. So habt ihr einen guten Eindruck davon, was ihr euch leisten könnt und ab welchem Gebot ihr lieber aussteigt.
  3. Das führt uns direkt zum nächsten Tipp: Setzt euch unbedingt im Voraus ein Limit
  4. Sorgt für ausreichend finanzielle und zeitliche Puffer. Letzten Endes wisst ihr nie, in welchem Zustand sich das Objekt tatsächlich befindet und welche möglicherweise aufwändigen Renovierungsarbeiten anfallen.
  5. Bewahrt einen kühlen Kopf. Es ist immer aufregend, in einem Bieterverfahren dabei zu sein und sich selbst daran zu beteiligen. Dabei bekommt ihr nicht zwingend den Zuschlag. Doch selbst wenn ihr als Meistbietende*r aus dem Termin geht, kann der/die derzeitige Eigentümer*in den Kaufprozess immer noch verzögern, indem er Beschwerde gegen die Zwangsversteigerung einlegt.

Wenn ihr nicht die Katze im Sack kaufen und von vornherein kalkulieren möchtet, mit welchen Kosten ihr zu rechnen habt – auch für die Finanzierung bei der Bank –, ist der reguläre Immobilienkauf für euch die bessere Alternative. Auch hier gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, eine nach euren Vorstellungen zu gestalten. Viele attraktive Objekte inklusive Bewertung findet ihr .

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